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Weihnachtsfreude

Lese-Predigt zum 4. Advent (18.12.2022):

In der Küche riecht es nach Orangen und Zimt.
Die Orangenscheiben liegen im Ofen auf dem Backblech.
Seit zwei Stunden verbreiten sie ihren intensiven Geruch.
An Susannes Händen klebt der Teig für Zimtsterne.
Sie knetet den Teig in einer blauen Plastikschüssel durch.
Eigentlich wird bei ihr ja traditionell nur am ersten Advent gebacken.
Dann gibt es Plätzchen, Sterne, Kipferl, Heidesand.
Die wandern in viele Keksdosen, werden nach und nach genascht.
Die ganze Adventszeit lang gibt es Plätzchen, Tag für Tag.
 
Manche verschickt sie an Freunde und Freundinnen.
Dieses Jahr hat sie besonders viele verschickt.
Susanne hat sie an die verschickt, die besonders viel zu tun hatten.
Oder die in diesem Jahr besonders gefordert waren.
Susanne hat dieses Mal so viele verschickt,
dass ihr die Plätzchen ausgegangen sind.
Also steht sie in der Küche und backt Zimtsterne.
 
Susanne liebt die Adventszeit.
Sie liebt daran die Vorfreude.
Die Vorfreude ist wie der Geruch von den Orangen im Ofen.
Erst kaum wahrnehmbar, bis er sich stärker und stärker ausbreitet.
Am Ende erfüllt der Geruch die ganze Wohnung.
Später wird Susanne die Orangen aus dem Ofen nehmen.
Dann legt sie die Scheiben auf die Tische, Regale, Fensterbretter.
So bleibt der Geruch noch lange in der Wohnung.
Ob es wohl bei Jesus im Stall nach Orangen roch?
Wohl kaum, es roch eher nach Stroh und Tieren.
Und nach diesem Duft, den nur Neugeborene haben.
 
Advent ist die Zeit der Vorfreude.
Susannes Herz hüpft schon vor Freude,
wenn sie nur an Weihnachten denkt.
Sie bereitet alles ganz genau vor.
Sie räumt die Zimmer auf.
Sie legt Holzsterne und Orangenscheiben aus.
Der Adventskranz bekommt einen besonderen Platz.
Der Adventskalender darf auch nicht fehlen.
Und auch nicht ihr Herrnhuter Stern,
der allen draußen auf der Straße leuchtet.
 
Ob auch Maria sich gefreut hat?
Wie war der Moment,
als sie von der Geburt erfuhr?
Ganz plötzlich stand ein Engel bei ihr.
Fürchte dich nicht, Maria.
Gott schenkt dir seine Gnade.” (Lk 1,30)
Wie ist das, wenn ein Engel erscheint?
Wenn er dir eine Botschaft mitteilt,
die dein ganzes Leben verändert?
Maria erschreckt, sie fragt nach.
Sie kann es nicht glauben.
Sie soll schwanger sein?
Wie kann das denn gehen?
 
So geht es wohl manchen, wenn sie von einer Schwangerschaft erfahren.
Dann gibt es auf einmal diese großen Fragen:
Wie geht es nun weiter?
Wie geht es mit diesem Kind weiter?
Gehört mein Körper noch mir?
Was kann und will ich tragen?
Was kann und will ich entscheiden?
 
Maria entscheidet sich.
Ich diene Gott. Es soll geschehen, was du gesagt hast. (Lk 1,38)
Maria entscheidet sich für das Kind.
Noch schwanger besucht Maria Elisabeth.
Elisabeth ist auch schwanger, im sechsten Monat.
Ihr Kind wird sie später Johannes nennen.
Als beide sich sehen, da geschieht es:
Als Elisabet den Gruß von Maria hörte,
sprang das Kind vor Freude in ihrem Bauch. (Lk 1,41)
Die Freude geht erst auf Elisabeth,
dann schließlich auf Maria über.
Die Freude breitet sich aus.
Maria stimmt sogar ein Lied an:
Alles in mir jubelt vor Freude
über Gott, meinen Retter. (Lk 1,47)
 
Maria und Elisabeth teilen ihre Freude.
Ihre Freundschaft wird noch enger.
Jetzt halten sie erst recht zusammen.
Sie haben sich, sie können sich helfen.
Und so bleibt Maria drei Monate bei Elisabeth.
Erst dann kehrt sie nach Hause zurück.
Voller Vorfreude auf ihr Kind.
 
Viele Jahre nach Jesu Geburt schreibt Paulus einen Brief.
Er befindet sich in Gefangenschaft.
Er weiß noch nicht, ob die jemals endet.
Wird er entlassen, wird er verurteilt?
Und trotzdem schreibt er der Gemeinde in Philippi.
Es ist die erste Gemeinde, die er in Europa gründete.
Ihn verbindet viel mit den Menschen dort.
Doch es sind Konflikte entstanden.
Paulus will die Gemeinde ermutigen:
Freut euch immerzu, weil ihr zu Gott gehört.
Ich sage es noch einmal: Freut euch!
Alle Menschen sollen merken, wie gütig ihr seid.
Gott ist nahe! Macht euch keine Sorgen. (Phil 4,4-5)
 
Paulus spricht von Freude.
Einer Freude, die ansteckt.
Eine Freude, die Herzen zum Hüpfen bringt.
Eine Freude, die ausstrahlt.
Die Gemeinde in Philippi kann sich freuen.
Und diese Freude tragen die Gläubigen weiter.
Wer fröhlich ist, geht anders mit Menschen um.
Er sieht über Fehler und Schwächen hinweg.
Sie begegnet anderen offen und zugewandt.
Wer die Freude in sich trägt,
der ist sanftmütig, milde, herzensgut.
Wie ein guter König, wie ein Herrscher.
Oder eben: wie Jesus selbst.
 
Gott ist nahe. Das heißt auch:
Ich brauche mir keine Sorgen machen.
Ich kann ihn um alles bitten.
Ich kann ihm meine Sorgen erzählen.
Ich kann ihm sagen, dass ich Angst habe,
nicht alle Geschenke rechtzeitig besorgen zu können.
Oder, dass es in meiner Familie erneut zum Streit kommt.
Oder auch, dass die Plätzchen nicht ausreichen,
im Ofen verbrennen und fürchterlich schmecken.
 
Ich kann ihm auch von meinen großen Sorgen erzählen:
Der Angst vor Krieg.
Der Angst vor der Zukunft dieser Welt.
Die Angst um Zukunft unserer Kinder,
wenn wir nicht anders anfangen zu handeln.
Die Angst davor, vergessen zu werden.
Die Angst, nie genug zu sein, nie zu reichen.
Nicht fröhlich genug, nicht gütig genug zu sein.
Die Angst, zu wenig zu tun für andere.
Gott ist nahe! Macht euch keine Sorgen. (Phil 4,5)
 
Doch Paulus sagt, es braucht die Sorgen nicht.
Es braucht kein Zweifeln und Grübeln.
Gott ist nahe. Gott ist gegenwärtig.
Er ist mitten unter uns.
Ich kann Gott spüren, in der Vorfreude.
Im Geruch von Orangen und Zimt,
oder dem Geruch von Neugeborenen.
Ich kann Gott sehen in der Freude der anderen.
In den kleinen und großen Vorbereitungen.
Dafür bin ich Gott dankbar, jeden Tag.
Und jeden Abend, am Ende des Tages.
Jeden Abend denke ich an die schönen Momente.
Und für jeden einzelnen sage ich Gott am Abend Dank.
Ich versuche die Freude zu finden:
In den vielen Augenblicken des Alltag.
Danke dir Gott, dafür!
 
Wenn ich so zu Gott bete,
dann gibt es diesen Frieden in mir.
Ich fühle mich ruhig, richtig glücklich.
Es ist ein Friede, den ich nicht greifen kann.
Gottes Frieden – er übersteigt meine Vernunft.
Gottes Frieden begleitet und behütet mich.
Vielleicht hat auch Paulus diesen Frieden gespürt.
Als er im Gefängnis saß und nicht wusste, was ihn erwartet.
Er hat trotz allem nicht die Freude verloren.
Er wusste: Gott ist nahe.
Er braucht sich nicht zu fürchten.
Gott begleitet und behütet ihn.
 
Susanne hat die Orangenscheiben aus dem Ofen genommen.
Sie sind nun überall in der Wohnung verteilt.
Ihr Geruch weht durch die Zimmer.
Die Zimtsterne sind in Keksdosen verpackt.
Der Herrnhuter Stern leuchtet warm.
Susanne betrachtet zufrieden ihr Werk.
Es ist alles fertig.
Die Wohnung ist geschmückt.
Die Kekse sind gebacken.
Die Geschenke sind verpackt.
Auch das Essen hat sie schon besorgt.
Beim Adventskranz steht eine kleine Krippe.
Nur der Weihnachtsbaum, der ist noch nicht geschmückt.
Aber das hat noch ein wenig Zeit.
An einer Pinnwand hängen die Bilder der Kinder,
die in diesem Jahr zur Welt kamen.
Freundinnen haben sie Susanne geschickt.
Jedes davon ein kleines Wunder.
Danke dir Gott, dafür!
 
Ein Lied erklingt aus Susannes Lautsprecher.
Es ist eins aus ihrer Wiedergabeliste,
die sie mit Weihnachtsliedern gefüllt hat:
Joy to the World, freue dich Welt.
Freue dich, Welt, der Herr ist da! Nimm deinen König an!
Und jedes Herz empfange ihn, mach für ihn Raum und singe ihm!
Ja, Erd und Himmel sing, ja, Erd und Himmel sing,
ja, Erd, ja, Erd und Himmel sing!
 
Susanne freut sich.
Denn Gott ist nahe.
Und Frieden kehrt ein.
Bei Susanne, bei mir.
Und vielleicht auch bei dir.