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Und dieser wird der Friede sein

Predigt zum Heiligen Abend (24.12.2021) mit Dank an Wilko Hunger:

Und du, was wünschst du dir dieses Jahr?
Stell dir vor, du solltest einen Wunschzettel schreiben.

Als Kind war das ja noch einfach:
Ein paar Legosteine.
Einen bunten Teller.
Ein Brettspiel.
Das kann man dann gemeinsam spielen.
Heute wäre es vielleicht auch noch das:
Pokemon „Leuchtende Perle“ für die Nintendo Switch.

Ich weiß noch, wie ich mir einen Bruder wünschte.
Und dieser Weihnachtswunsch ist jetzt 26 Jahre alt.

Und heute, was wünschst du dir da?
Gesundheit? Frieden?
Liebe? Klimagerechtigkeit?
Das Ende der Pandemie?

Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann:

Abschied zu nehmen von denen,
die im letzten Jahr gestorben sind.

Denjenigen Hoffnung zu vermitteln,
die an Krebs erkrankt sind.

Das Gefühl von Normalität.
Unbeschwert mit Freunden feiern.
Zumindest Weihnachten.
Zumindest heute.

Wünsche, die ich mir nicht kaufen kann.
Die ich nur geschenkt bekommen kann.

Was würde bei dir auf dem Wunschzettel stehen?

Wenn einer allein träumt, bleibt es ein Traum.
Träumen wir aber alle gemeinsam, wird es Wirklichkeit.“ (H. Camara)

Schon immer haben Menschen geträumt und gewünscht.
Manches davon haben sie aufgeschrieben.
Erinnerungen aus vergangenen Zeiten.
Auch in der Bibel finden wir Wünsche und Träume.
So ein Wunsch hatte der Prophet Micha.

Er schreibt:

Du aber, Bethlehem Efrata,
bist zwar klein unter den Städten in Juda.
Doch aus deiner Mitte soll einer kommen,
der Herrscher sein wird in Israel.
Seine Wurzeln reichen zurück bis in die Vorzeit,
seine Herkunft steht von Anfang an fest.
Darum wird die Not nur so lange anhalten,
bis eine Frau geboren hat.
Dann wird der Rest seiner Geschwister heimkehren
zu den Menschen in Israel. –
Er wird auftreten und sein Volk weiden.
Dazu gibt ihm Gott die Kraft und die Macht.
Sie liegt in dem Namen des Herrn, seines Gottes.
Dann wird man wieder sicher im Land wohnen können.
Denn seine Macht reicht bis zum Rand der Welt.
Und dieser wird der Friede sein.“ (Micha 5,1–4a)

Bethlehem.
Ein kleiner Ort.
Nur ein Punkt auf der Landkarte.

Und doch:

Du aber, Bethlehem Efrata,
bist zwar klein unter den Städten in Juda.
Doch aus deiner Mitte soll einer kommen,
der Herrscher sein wird in Israel.”

Bethlehem.
Das bedeutet: Haus des Brotes.
In Bethlehem: Da ist Leben.
In Bethlehem ist David geboren, der große König Israels.
David hat in Israel so einiges erreicht.
Er hat das Volk Israel zusammengeführt.
Er hat den Glauben an den einen Gott gestärkt.
Nur eins hat er nicht geschafft:
Den dauerhaften Frieden gesichert.

Dieser eine Wunsch bleibt also: Frieden.
Endlich Frieden.
Ein Frieden, der die ganze Welt heil macht.
Ein Frieden, der alles umfasst.
Das Zerbrechliche wird geschützt.
Das Zerbrochene wird geflickt.
Die Scherben werden mit Gold zusammengefügt.
Bis die Risse golden glänzen.

Für den Propheten Micha bedeutet das auch:
Ein Ende des sozialen Ungleichgewichts.
Das Ende der Unterdrückung.
Gerechtigkeit für alle Menschen.
Gleichheit für alle Menschen.
Niemand, der sich bereichert.
Niemand, der sich über andere erhebt.
Alle Menschen: gleich vor Gott.

Dieser Frieden wächst in Bethlehem.
Ein Ort, der bis heute eine umstrittene Geschichte hat.
30.000 Einwohner hat die Stadt.
Sie liegt im palästinensischen Autonomiegebiet.
Bis heute ein konfliktträchtiger Ort.

Bethlehem also.
Dort soll der geboren werden,
der endgültig Frieden bringt.
Der Messias, der Gesalbte.

Und so kommt es: Von einer Frau wird er geboren.
Mitten hinein in die Welt.
Ganz anders, als wir es uns vielleicht vorstellen:
So gar nicht königlich, also nicht in einem Schloss.
Auch nicht in einem Palast.
Ohne Gold, ohne Krone, ohne Glanz.

Er wird in einem Stall geboren.
Zugig ist es dort und kalt.
Es ist staubig vom Stroh.
Es riecht nach Schafen.
Es gibt nicht viel dort.
Aber zwei, die sich lieben.
Die zusammenhalten.
In diesem merkwürdigen Wunder.

Dort wurde er geboren: als einer von uns.
Unter Schmerzen und mit Tränen.
Im Stroh und mit Blut.
Umgeben von den Tieren im Stall.
Begrüßt von einfachen Leuten.

Seine Wurzeln reichen zurück bis in die Vorzeit,
seine Herkunft steht von Anfang an fest.
Er wird auftreten und sein Volk weiden.
Dazu gibt ihm Gott die Kraft und die Macht.

Einer ist geboren worden.
Um Frieden zu bringen.
Ein Frieden, der die ganze Welt heil macht.
Ein Frieden, der alles umfasst.
Das Zerbrochene wird geflickt.
Scherben mit Gold zusammengefügt.

Der Friede beginnt ganz klein.
Der Friede beginnt an kleinen Orten.
In einem Stall in Bethlehem.
Der Friede beginnt ganz unscheinbar.
Senfkorngroß.

Dieser Frieden ist nicht makellos.
Er geht mitten hinein ins Schöne und ins Schwere.
Der Frieden hält alles aus, füllt alles auf.
Solch ein Friede macht sich angreifbar,
bleibt nicht bequem, nicht angepasst,
riskiert alles, sogar das eigene Leben,
überwindet am Ende den Tod.

Dieser Frieden hat einen Namen: Jesus.

Wenn einer allein träumt, bleibt es ein Traum.
Träumen wir aber alle gemeinsam, wird es Wirklichkeit.“ (H. Camara)

Wenn ich mir etwas wünschen könnte,
dann, dass Jesus jetzt zu uns kommt.
Mitten unter uns.

In unsere zugige und kalte Welt.
In unsere kleinen Orte.
Wir sind noch längt nicht bereit.
Am Weihnachtsbaum fehlt noch die Spitze.
Staubkörner liegen auf den Regalen.
Das Essen kommt heute vom Pizzadienst.
Es gibt nicht viel hier.
Aber du: Du bist einer von uns.

Damit du deinen Frieden zu uns bringst.
Zumindest Weihnachten.
Zumindest heute.

Ein Aufatmen geht dann durch die Welt.
Keine Träne fließt mehr.
Es gibt keine Toten mehr.
Keinen Pflegenotstand.
Keinen Klimawandel.
Keine Pandemie.
Keine Armut.

Gottes Frieden durchzieht die Welt.
Sehnsucht tritt auf Versprechen.
Menschen versöhnen sich miteinander.
Die verlorene Tochter ruft ihre Mutter an.
Ein alter Freund schickt einen Weihnachtsgruß.
Die, die einsam feiert, bekommt überraschend Besuch.
Goldglanz liegt auf der Welt und verbindet die Scherben.

Die Sehnsucht wird gestillt.
Mit heißem Kakako.
Mit duftenden Brot.
Mit Liebe im Herzen.

Ich wünsche mir:

„Dass du klein wärest, Jesus.
Klein genug, dass ich dich mit mir tragen könnte auf der Straße,
Bahnsteig, Nirgendland, kleine Orte. Du mein winziges Zuhause.

Dass du groß wärest, Gott, und von großer Kraft.
Dass du endlich heiltest die zerbrochenen Seelen, die Engel, die Tiere und uns.

Dass du alles wärest, Gott und Weihnachten würde.
Ein Summen. Ein Glanz.

Dass wir setzten den Fuß auf sicheres Land.“

(Mit Dank an Birgit Mattausch!)

Denn seine Macht reicht bis zum Rand der Welt.
Und dieser wird der Friede sein.“ Amen.