Predigt zum Jubiläum der Jugendkirche (31.10.2019):
Lebendige Steine.
Da ist die eine, die besonders gern singt.
Sie kommt jede Woche zum Chor.
Sie ist 19. Sie wirkt größer, als sie ist.
Sie liebt die Feuerwehr und den DLRG.
Manchmal macht sie hier noch ihre Hausaufgaben.
Und die anderen helfen ihr dabei.
„Wenn wir hier zu Acht wären,
aber nur sechs Äpfel hätten…
Wie viel bekommt dann jede von uns?“
Da ist der eine,
der sich besonders gut mit Getränken auskennt.
Er entwickelt Konzepte für die Bars.
Er sucht die Cocktails aus, mischt sie zusammen.
Und er kann noch so viel mehr.
Er jongliert mit dem Feuer.
Wandert über 30 km mit Marschgepäck.
Nur nicht über die Blumenwiesen!
Er spricht mal eben den Segen für alle.
Und bringt seine Ideen ein.
Da ist der eine, der die Technik beherrscht.
Eigentlich ist es sogar ein ganzes Team.
Tagelang haben sie hier aufgebaut.
Das Licht ausprobiert, den Sound.
Die Nächte durchgearbeitet und hier übernachtet.
Und es sind noch so viele mehr.
Der eine, der besonders gut kocht.
Die eine, die alle zusammenhält.
Die eine, die Andachten vorbereitet.
Der eine, der politische Themen einbringt.
Die eine, die an vielen Orten mitmischt.
Ich könnte immer so weiter machen.
Leider kann ich nicht jede einzelne von ihnen erwähnen.
Denn: In zehn Jahren haben so einige Menschen diesen Ort geprägt.
Sie haben ihn zu dem gemacht, was er heute ist.
Sie haben ihre Gaben eingebracht.
Ihre Kreativität, ihre Hilfsbereitschaft,
ihre Begeisterungsfähigkeit, ihr Einfühlungsvermögen,
ihren Gemeinschaftssinn, ihr handwerkliches Geschick,
ihr Engagement, ihre Liebe, ihren Glauben.
Lebendige Steine. Heiliges Volk.
Aus den Chroniken der Jugendkirche:
„Am Anfang erschuf Gott die Welt.
Und die Welt war wüst und leer.
Und Gott sprach: „Lasset uns Jugendkirchen schaffen.“
Und so erging im Jahr des Herrn 2007 der Beschluss
des Ältestenrats Brunswick eine Jugendkirche
in den Räumen zu St. Matthäus zu errichten.
Und so geschah es.
Am 31.10.2009 wurden die heiligen Hallen
von St. Matthäus zur Jugendkirche geweiht.
Und Gott setzte Hauptamtliche und Ehrenamtliche mitten hinein.
Er sah sein Werk an und siehe, es war sehr gut.“
In den letzten zehn Jahren gab es so viele besondere Momente.
Ich erinnere mich, wie wir auf den Brocken gewandert sind.
Der Bully ist leider auf dem Weg kaputt gegangen,
aber wir haben bei -10 Grad dem Mondaufgang gesehen.
Ich erinnere mich, wie wir hier in der Kirche übernachteten.
Wie die Äste der Bäume gegen die Fenster schlugen.
Es krachte und stürmte.
Dazwischen war leises Schnarchen zu hören.
Ich erinnere mich an die vielen Landesjugendtreffen.
An meine erste Begegnung mit den Bürger*innen von Neuerkerode.
An unsere Ecke hinter dem Gute-Nacht-Café.
In der wir abends zusammen saßen und quatschten.
Aber auch an die Abendmahlsfeier in diesem Jahr,
die mir noch sehr lange nachging.
Ich erinnere mich an den ZDF-Gottesdienst.
Die vielen Proben vorher. Und das Wochenende selber.
Das wäre ohne eure Hilfe gar nicht möglich gewesen.
So wie auch alle anderen Gottesdienste.
In Goslar, Salzgitter, Velstove, Lutter am Barenberge…
Und es gab noch so viele Momente mehr.
In den letzten zehn Jahren haben Haupt- und Ehrenamtliche diesen Ort geprägt.
Sie haben ihn mit Leben gefüllt, sie sind zu einer Gemeinschaft gewachsen.
Und in allem war der Glaube, war Christus, die Mitte.
„Kommt zu ihm als zu dem lebendigen Stein.
Er ist bei Gott auserwählt und kostbar.
Auch ihr seid als lebendige Steine erbaut.
Zum heiligen Haus. Zur heiligen Priesterschaft.
Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht,
ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk.
Ihr seid berufen aus der Finsternis in sein Licht.“
Jesus ist es, auf den wir uns berufen.
Er ist das Fundament dieses Hauses.
Er ist die Basis der Kirche.
Er stiftet die Gemeinschaft, die Liebe.
Und auf ihn besinnen wir uns immer wieder.
Auch wenn wir mal in Streit geraten,
oder Konflikte miteinander haben.
Jesus hat die Menschen so geliebt, wie sie sind.
Er hat sie ausgewählt, damit sie ihm folgen.
Aus allen gesellschaftlichen Schichten.
Mit allen Temperamenten, Stärken und Schwächen.
„Siehe, was ist das für ein Mensch?
Ein Fresser und Weinsäufer.
Ein Freund der Zöllner und Sünder.“ (Mt 11,18)
Unter den Anhänger*innen von Jesus waren ganz unterschiedliche Charaktere.
Impulsive, Hilfsbereite, Politische, Zweifelnde, Fragende, Suchende.
Und so ist es auch heute.
Wir sind alle berufen von Jesus.
Mit unseren Temperamenten, Stärken und Schwächen.
So wie wir sind, sind wir geliebt.
Wir können alles einbringen, was uns ausmacht.
Unsere Ideen, Träume und Hoffnungen.
Wir sind lebendige Steine.
Wir sind kein perfektes Mauerwerk.
Wir sind Steine mit Ecken und Kanten.
Manches passt vielleicht nicht perfekt.
Manchmal reiben wir uns aneinander.
Manchmal weht der Wind durch die Ritzen.
Aber das ist es, was Jesus wollte:
Lebendige Steine, lebendige Menschen.
Wir erbauen gemeinsam die Kirche von Morgen.
Und leben sie schon hier und heute.
Jede und jeder an seinem Ort, in seiner Gemeinde.
Und manche eben auch hier, in der Jugendkirche.
Jesus hält uns in unserer Unterschiedlichkeit zusammen.
Er verbindet unsere Vielfältigkeit.
Als Gottes Kinder gehen wir weiter in die Zukunft.
Wir bringen weiter unsere Ideen ein.
Und schauen, was daraus entsteht.
Wir sind berufen aus der Finsternis in sein Licht.
Zu seinem auserwähltem Geschlecht,
seinem königlichen Priestertum, seinem heiligen Volk.
Wir sind lebendige Steine. Erbaut zum heiligen Haus.
Der Kirche von Gestern, Heute und Morgen.
Ecclesia semper reformanda. Amen.