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In einer weit entfernten Galaxie

Star-Wars-Slam in Braunschweig (15.2.2019):

Es war einmal, vor langer Zeit,
in einer weit, weit entfernten…
Q3A-Plattebauwohnung.

Na-Na-Nanana-Na-Na
Nanana-Na-Na-Nananana

Es ist eine dunkle Zeit
für Ostdeutschland.
Verfolgt von finsteren Menschen,
sitzt Prinzessin Johanna auf ihrem Bett zu Hause,
als Hüterin der erdachten Pläne, die die Zukunft retten
und der Menschheit die Freiheit wiedergeben könnten.

Obwohl die Mauer vernichtet worden ist,
haben westdeutsche Konsumgüter die DDR-Vergangenheit
noch nicht ganz aus ihrem Stützpunkt vertrieben
und kreuz und quer in die Galaxis gejagt.

Aber es naht das sichere Ende für die kleine Schar
von Stormtroopern und ihren Kampf,
zum Totalitarismus zurückzukehren.

Pünktchen, Pünktchen, Pünktchen, Pünktchen.

Star Wars. Luke und Leia.
Han Solo und Chewbacca.
Das sind die Helden meiner Kindheit.
Ich bin aufgewachsen mit Yoda und den Ewoks.

Star Wars war meine erste große Saga.
Noch vor Herr der Ringe und Harry Potter.
Noch vor Douglas Adams: Per Anhalter durch die Galaxis.
Star Wars gehörte überhaupt zu den ersten großen Filmen,
die ich in Farbe auf meinem alten Fernseher gesehen habe.
Soweit man darauf überhaupt etwas erkennen konnte, natürlich.

Ich habe die drei Episoden immer am Stück geschaut.
Hintereinander weg, die ganze Nacht lang.
Ich habe mit Luke mitgefiebert.
Gekämpft und geweint.
Luke, dieses weinerliche Muttersöhnchen mit Vaterkomplex.
Der irgendwie nichts so richtig kann
und gerade deswegen alles richtig macht.

Ich habe mich mit Han Solo identifiziert:
Hach, Han Solo!
Vielleicht ist das der Grund,
warum ich nur meinen eigenen Befehlen folge!
Und bis heute auf „Ich liebe dich“ mit:
„Ich weiß“ antworte.
Star Wars hat mich geprägt.
Und vielleicht auch versaut.

Zum Glück fiel unsere Heizung nie aus.
Sonst hätte ich wohl meinen Kater getötet.
Um zu gucken, ob das mit dem Wärmen auch wirklich funktioniert.

Wäre ich jemals im Besitz von Karbonit gewesen:
Einige meiner Schulkameraden wären mir zum Opfer gefallen.
Für immer eingefroren.

Diese Szene mit Jabba the Hutt und Leia,
die ging mir nie aus dem Kopf.
Ich mag Frauen ja auch am Liebsten nackt und gebunden.
Wer braucht schon Feminismus und Emanzipation!
Frauen zurück an den Herd!

Erst mit den neuen Disney-Filmen hat sich das ja geändert.
Vielleicht bestehen die sogar mal den Bechdel-Test.
Vielfältige Kulturen in den Nebenrollen.
Eine unnahbare Frau in der Hauptrolle.
Was Luke zu wenig hatte, hat Rey zu viel.
Selbstbewusst, stark und schön wie sie ist –
fast schon wie Han Solo.
Schnörkellos neben den Helden von einst.

Neben ihr der Antiheld: Kylo Ren.
Mit Adam Driver gut besetzt.
Allerdings: Immer wenn ich ihn sehe,
muss ich an die Serie „Girls“ denken.
Adam Driver mit Lena Dunham im Bett.
Brrrrrrrrr.

Luke und Leia.
Han Solo und Chewbacca.
Helden meiner Kindheit.
Rey und Finn.
Helden meiner Gegenwart.

Die Macht ist stark in ihnen.
Sie überwinden Angst und Hass.
Denn: „Furcht führt zu Wut,
Wut führt zu Hass.
Hass führt zu unsäglichem Leid.“
Im Kampf gegen das Imperium.
Im Kampf für die Freiheit.

Die Welt meiner Kindheit war schwarz-weiß.
Gut und Böse, wie die Star-Wars-Welt.
Ich bin in der DDR geboren.
Nach dem Mauerfall kam die Freiheit.
Zwischen den Plattenbauten war der Himmel.
Aber ich spürte auch den Verlust eines Lebensgefühls.
Was war Heimat?
Vielen machte die neue Freiheit Angst.
Das alte System bot Sicherheit.
Die Straßen wurden zum Kampfplatz.
Hooligans zogen durch die Gassen.
Furcht ist der Pfad zur dunklen Seite.

Wie sehr wünschte auch ich mir,
aus der Wüste befreit zu werden.
Als Nachfahrin mächtiger Yedis.
Aber: Ich hatte nicht die Macht.
So sehr ich es auch wollte.
Ich konnte keine Gegenstände bewegen,
keine Menschen manipulieren,
kein Laser-Schwert schwingen.
Meine Freunde wurden Opfer von Gewalt.
Beleidigungen waren an der Tagesordnung.
Ich konnte nichts dagegen tun.
Ich war keine Heldin.

Heute ist meine Welt eher Grau.
Nicht mehr schwarz-weiß wie einst.
Sie ist jetzt mehr Rey und Kylo Ren.
Nur leider ohne plüschige Porgs.

Manchmal wünschte ich sie mir aber wieder schwarz-weiß.
Hätte ich die Macht, würde ich das Laserschwert schwingen.

„Ssssssssssssssssssssssssssssssss“

Als Rebellin gegen das Imperium.
Gegen all’ diese Idioten da draußen.
Gegen Trump und Putin und Gauland.
Ich würde ihnen in den Arsch treten.
Denn mit ihnen geht die Freiheit zu Grunde.
Mit donnerndem Applaus.

Na-Na-Nanana-Na-Na
Nanana-Na-Na-Nananana

Doch „Furcht führt zu Wut,
Wut führt zu Hass.
Hass führt zu unsäglichem Leid.“
Meine Welt ist grau.
Und ich bin keine Heldin.
Vielleicht ist das auch ganz gut so.

Sonst wäre ich am Ende noch wie Leia.
Mit einem Kerl wie Luke, der mich retten will.
Oder mit einer Kette um den Hals in Jabbas Palast.
Gerade noch so in der Lage, ihn zu erwürgen.
„Da lass ich mich doch lieber von einem Wookie küssen!“.