Predigt-Slam in Wittenberg (12.5.2015):
Und jetzt sitz’ ich hier in diesem Wal
Und es brennt nicht mal
Ein einziges verdammtes Licht.
Gestern noch Israel.
Wo Milch und Honig fließen.
Wo Olivenhaine blühen.
Wo Brüste wie Kitze sprießen.
Und Weise an Toren tagen.
Morgen schon Ninive.
Wo Eulen und Raben schreien.
Wo Steppen Mauern fressen.
Wo Sündenweiber Tempel weihen.
Und Sonnenstrahlen wie Götterdämmerung stechen.
Und jetzt sitz’ ich hier in diesem Wal
Und es brennt nicht mal
Ein einziges verdammtes Licht.
Gestern noch Berlin.
Wo Mauerpark und Badeschiff von Schwarz zu Blau verleiten.
Wo wankelmütig Berghain-Nächte hundertfarbig locken.
Wo poly-queere Konzeptdiskurse Bindungsscheue retten.
Und Professorx sich miteinander zünftig noch zerstreiten.
Morgen schon Klöow.
Wo Wölfe und Luchse das Erwartungsland umkreisen.
Wo geheiligte Stätten Vattenfaller Baggern weichen.
Wo hinter sieben Hügeln marode Türme hocken.
Und zwischen zwei Birken immer drei Schrecksen gestaltet vergreisen.
Und jetzt sitz’ ich hier in diesem Wal
Und es brennt nicht mal
Ein einziges verdammtes Licht.
# Hashtag.
Ich bin nicht begabt und mutig.
Da helfen auch keine „scholz and friends“.
Nicht einmal die Nachwuchspflege.
Und würde ich ein Licht mein Eigen nennen,
stünde der Scheffel schon parat.
Hinter den finstersten Ecken wär’s verborgen,
Aber was ein verdammtes Glück, es brennt ja nicht.
Denn: Ich bin nicht begabt und mutig.
Da helfen auch keine Leuchtturmorte und Perspektivkongresse.
Nicht einmal das Impulspapier.
Mein Salz ist zu nichts mehr nütze,
selbst zum Wegschütten zu schade.
Mit dem Trend schrumpf’ ich dahin,
und sei’s drum, die „Freiheit“ gibt es hier ja schon lange nicht mehr.
Und jetzt sitz’ ich hier in diesem Wal
Und es brennt nicht mal
Ein einziges verdammtes Licht,
Denn begabt und mutig,
Das bin ich nicht.
Aber sollte aus dem Gestern ein Morgen werden
Von jeglichem Verstand und Sinn befreit
Wo unter dem Pflaster liegt der Strand verborgen
Und blaue Rose sprengt den toten Stein
So stehe ich schon längst bereit.
Sollte aus dem Gestern ein Morgen werden,
Ohne Reden-Halten und Worte-Machen
Wo Maschendrahtgrenzen Kreuze tragen
Und Tausende Lichter gesalzen werden,
Da entzünde auch ich mein Licht für dich.